Édouard Louis: Monique bricht aus

Edouard Louis credit Jean-François Robert

In seinem neuen Buch erzählt Édouard Louis erneut von seiner Mutter und wie es ihr nach der Trennung von ihrem Mann ergangen ist. Es ist eine liebevolle Hommage geworden.

von Sebastian Meißner

Es beginnt mit einem Telefonat. Édouard, damals 28 Jahre alt und beruflich in Athen, unterhält sich mit seiner Mutter Monique und plant mit ihr ihre Flucht aus dem Leben mit einem alkoholkranken und gewalttätigen Mann. Eine Nacht wird sie noch durchhalten, seine Beschimpfungen und Drohungen ertragen, bis er endlich volltrunken einschläft, und dann in den frühen Morgenstunden mit kleinem Gepäck das Haus für immer verlassen.

Das Wiedererlernen der eigenen Wünsche

Édouard Louis Monique bricht aus Buchcover

Und wirklich: diesmal verlässt sie ihn und wagt den Schritt in ein neues, unbekanntes Leben. Mit einem Taxi kommt sie zunächst in der Wohnung ihres Sohnes unter, der zur Übergabe von Bargeld und Lebensmittel seinen eigenen Mentor Didier Eribon geschickt hat. Was folgt, ist der mühsame und kleinschrittige Weg in ein neues Leben. Louis schreibt schonungslos, mit warmen Herzen und ausgeprägtem Sinn für Situationskomik, wie seine Mutter sich die Erschöpfung aus den Gliedern schläft, wie sie versucht zu lernen, wie man einen Computer bedient, wie sie wieder lernt, ihre eigenen Wünsche zu formulieren.

Édouard Louis ist schonungslos ehrlich

Die Mutter hatte sich schon einmal aus der Ausweglosigkeit gekämpft, als sie Louis‘ Vater verließ. Der neue Mann, mit dem sie nie wirklich „lebte“, sondern mit dem sie immer nur „wohnte“, wie Louis anmerkt, entpuppt sich als gleiches Männermodell. Was es braucht, ein selbstbestimmtes und sorgenfreies Leben zu leben, ist ein Thema dieses Buches. Was der Alkohol und die Perspektivlosigkeit der Arbeiterklasse mit Familien getan hat, ein anderes. Édouard Louis erzählt davon in Form nur scheinbar kleiner Anekdoten. In ihnen aber steckt das Leben. „Monique bricht aus“ ist eine Geschichte voller Hoffnung, Mut und Lebenslust. Erzählt von einem radikal ehrlichen Autor und liebenden Sohn. Es ist seine bisher reifste Arbeit.

„Monique bricht aus“ von Édouard Louis: „Monique bricht aus“, S. Fischer Verlag, übersetzt von Sonja Finck, Hardcover, 162 Seiten, 978-3-10-397558-1, 22 Euro. (Beitragsbild: Jean-François Robert)

Kommentar schreiben